Drei Gedichtbände von Lyrikern aus der Region.

Die Kunst des Dichtens 

von Uwe Grosser

Viele fühlen sich berufen, nur wenige sind es: Die Zahl der Gelegenheits-Lyriker in der Region scheint stetig zuzunehmen, doch in der Masse findet sich nur wenig Klasse. Ein paar wohl klingende Wörter aneinander gereiht machen noch keine Poesie. Doch es gibt sie, Gedichtbände, die sich durch eine geschliffenen Sprache und durchdachte Rhythmen auszeichnen, Autoren, die sich genau überlegen, wie sie welchem Stoff gerecht werden.

Die 1962 in Neckarsulm geborene Katharina Schäfer, die heute in Berlin lebt als Schriftstellerin und Journalistin, hat mit „Weil ich keine Jüdin bin“ solch einen lesenswerten Band vorgelegt (Joanmartin Literaturverlag, 96 Seiten, 24,90 Mark, ISBN 3-935401-00-0). Ihre Themen sind oft politisch, ohne explizit politische Lyrik zu sein. Natürlich geht es, wie der Titel schon andeutet, auch um die braune deutsche Vergangenheit, doch weist Schäfers poetische Annäherung über das konkrete Damals hinaus ins allgemeine Heute, wo das gefährliche Flackern noch nicht erloschen ist – nicht in Kurdistan, nicht im Kosovo, nicht bei uns: „Die schwarze Katze des Grauens / springt durch die Nacht, reißt / den Schlafenden den Traum vom Gesicht / einer besseren Welt.“ Gegen Hass und Verachtung setzt Katharina Schäfer die Poesie des Wortes und ist sich doch bewusst: „Gedichte sortieren. Blicke. Bestenfalls.“

Menschliche Beziehungen, zu anderen, zur Natur, zu sich selbst, stehen im Zentrum von Jürgen Schneiders Gedichtband „Himmel, Erde,  Du und Ich“ (Libri Books on Demand, 138 Seiten, 16,80 Mark, ISBN 3-89811-340-X). Der 41 jährige gebürtige Heilbronner, der heute in Bad Friedrichshall lebt, ist von Hause aus Jurist. Fast 100 Gedichte von sehr unterschiedlicher Qualität sind in dem Band versammelt. Schneiders Stärke sind die knappen, aufs Wesentliche reduzierten Gedichte, in denen die Worte wie Blitze den Kern erhellen, und dem Leser Raum bleibt, den er selbst füllen muss: „Fragendes Gesicht, / Hohes Gesicht. //Verkennt das Bitten,/ Sieht es nicht. // Der Draht / Ist abgeschnitten. // Worte / Statt Antworten. // Flehende Blicke, / Zittrige Lippen. // Die Fragen bleiben / Und kalte Kippen. “ Weniger gelungen ist die moralisierende Zeigefinger-Lyrik, die eher Aphorismen gleicht als Gedichten. Poesie verträgt keine Ermahnungen im pastoralen Ton.

Von ganz anderer Machart ist das neue Buch des Pleidelsheimer Rektors Rolf Gerlach: Unter dem Titel „Oh lass halta!“ (Erhältlich bei der Buchhandlung Metermann oder unter 07144 / 23253) hat er schwäbische Mundartgedichte geschrieben, die SWR4-Hörer zum Teil aus dem Radio kennen. Gerlach verbreitet hintersinnige Heiterkeit, wie sie dem Schwaben eigen ist. Garniert ist der Band mit Zeichnungen von Karlheinz Groß.

 

20. 12. 2000, Heilbronner Stimme